Sexuelle Funktionsstörungen kommen laut Untersuchungen bei bis zu 43 Prozent der Frauen vor. Darunter fallen zum Beispiel mangelnde Libido, Orgasmusstörungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Scheidenkrämpfe (Vaginismus). Die Ursachen sind vielfältig, auch eine Beckenbodenschwäche gehört dazu.
Funktionsstörungen des Beckenbodens wie Harninkontinenz und Absenken (Deszensus) oder Vorfall (Prolaps) der Beckenorgane führen bei betroffenen Frauen unter Umständen dazu, dass sie sich vor ihrem*ihrer Partner*in schämen. Das kann so weit gehen, dass sie Geschlechtsverkehr vermeiden.
Artikelinhalte im Überblick:
- Unfreiwilliger Urinverlust
- Mit Partner*in sprechen
- Inkontinenzauflagen für die Matratze
- Beckenbodentraining
- Tipps für Sex
Unfreiwilliger Urinverlust während des Geschlechtsverkehrs
Wie kann sich eine Harninkontinenz nun genau auf das Liebesleben auswirken? Einerseits kommt es mitunter bei Bestehen einer Belastungsinkontinenz zu unfreiwilligem Urinverlust beim Geschlechtsverkehr, wenn der Penis die vordere Scheidenwand berührt und streckt. Andererseits kann beim Orgasmus Urin abgehen. Hier spielt vermutlich der Kontrollverlust eine wesentliche Rolle, wodurch der Blasenmuskel aktiviert wird. Davon können Frauen mit Belastungs- oder Dranginkontinenz betroffen sein, aber ebenso – wenn auch seltener – junge Frauen ohne weitere Zeichen einer Inkontinenz.
Ein Absenken der Beckenorgane kann die Sexualität der Frau auf verschiedene Art und Weise beeinflussen. So fehlt bei einer zu weiten Scheide eventuell die intensive Reibung zwischen Scheidenwand und Penis, sodass die Befeuchtung der Scheidenwand nicht ausreicht, Schmerzen auftreten oder die Erregung gestört wird.
Mit Partner*in über Inkontinenz sprechen
Viele Frauen reden nicht einmal in der Arztpraxis über ihre Blasenschwäche. Ihrem*Ihrer Partner*in wollen sie sich erst recht nicht anvertrauen. Sie ziehen sich deshalb vom Sexualleben zurück. Der*die andere fühlt sich dadurch aber vor den Kopf gestoßen, da nicht über die Gründe für die Abstinenz gesprochen wird. An einem offenen Gespräch führt also kein Weg vorbei, denn nur so lässt sich ein tiefes Zerwürfnis vermeiden. Eine Aussprache ist für Frauen zudem oft entlastend, weil sie sich endlich jemandem anvertrauen. Auch das Gegenüber wird erleichtert sein, da hinter der Abwehrhaltung vielleicht schon Liebesentzug oder jemand anderes vermutet wurde.
Inkontinenz muss die Leidenschaft nicht unbedingt dämpfen. Ganz im Gegenteil: Das Begehren kann sogar zunehmen, wenn sich das Paar durch die gemeinsame Bewältigung des Problems näher kommt und das Vertrauen wächst. Eines sollte jedoch ein Tabu bleiben: Den Menschen mit Inkontinenz trotz seiner Ängste zum Sex drängen. In diesem Fall ist es besser, bei Blasenschwäche andere Methoden des sexuellen Zusammenseins auszuprobieren, die vielleicht ebenso befriedigend sind.
Inkontinenzauflagen schützen die Matratze
Erfüllter Sex ist auch mit Harninkontinenz möglich – vor allem dann, wenn das Paar Vorbereitungen trifft: Inkontinenzauflagen schützen Matratze und Bettwäsche, bereitgelegte Handtücher sorgen zusätzlich für Sicherheit. Bewährt hat sich auch, vor dem Liebesspiel die Blase zu entleeren. Es beruhigt sicherlich auch zu wissen, dass Urin keine Infektionsquelle darstellt. Harn ist praktisch keimfrei.
Leiden Männer unter einer leichten Form der Harninkontinenz, kann ein Kondom mit einem Sperma-Reservoir zugleich etwaige Urintropfen auffangen. Ein Zusammenhang besteht zudem zwischen männlicher Inkontinenz und Erektionsstörungen.
Beckenbodentraining kann Inkontinenz lindern
Bei leichteren Formen einer Beckenbodenschwäche können einfache konservative Behandlungen erfolgreich sein. So kann durch Beckenbodentraining oder durch eine Therapie mit Vaginalkonen der Beckenboden gestärkt und dadurch auch die sexuelle Funktion verbessert werden.
Sowohl bei Harninkontinenz können unter bestimmten Umständen Operationen helfen. Chirurgische Eingriffe bei Harninkontinenz führen bei der Mehrzahl der Frauen wieder zu befriedigenden sexuellen Kontakten, wie diverse Untersuchungen belegen. Das gilt vor allem für Frauen, die nach der Operation den Urin wieder kontrolliert entleeren, also kontinent sind.
Allerdings sind auch negative Auswirkungen auf das Sexualleben möglich. So können durch den chirurgischen Eingriff die dafür notwendigen Nerven Schaden nehmen oder Vernarbungen im Beckenboden entstehen. Letztere machen eventuell den Beckenboden weniger elastisch oder verengen die Scheide. Vor dem Eingriff sollten daher Nutzen und Risiken des Eingriffs sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
Tipps für Sex und Harninkontinenz
Auch Frauen ohne Blasenschwäche können während des Geschlechtsverkehrs einige Tropfen Urin verlieren.
Ein Toilettenbesuch vor dem Sex gibt Sicherheit.
Positionen, in denen auf die Blase möglichst wenig Druck ausgeübt wird, helfen gegen unfreiwilligen Harnverlust.
Um Harnwegsinfekte zu vermeiden, nach dem Geschlechtsverkehr zur Toilette gehen. Da die weibliche Harnröhre kurz ist, können Erreger, die beim Sex über die Schleimhaut in die Harnröhre gelangt sind, leichter aufsteigen. Durch den Toilettengang werden diese wieder ausgespült und einer Blasenentzündung vorgebeugt.