Inkontinenz lässt sich sehr gut behandeln. Ist eine vollständige Heilung nicht möglich, erleichtern zahlreiche Inkontinenzprodukte das Leben. Sie sollten gut passen und angenehm zu tragen sein – also nicht zu dick sein oder sich unter der Kleidung abzeichnen. Auch der Umgang mit den Produkten sollte reibunglos und unkompliziert funktionieren.
Artikelinhalte im Überblick:
- Inkontinenzmaterialien
- Aufsaugende Produkte
- Auffangende Produkte
- Ableitende Produkte
- Sonstige Hilfsmittel
- Produkte für Pflegebedürftige
- Kosten für Inkontinenzprodukte
Welche Inkontinenzmaterialien eignen sich für wen?
Was für den einen ein idealer Alltagshelfer in Sachen Inkontinenz ist, mag für den anderen völlig unpassend sein. Um das richtige Inkontinenzprodukt zu finden, sollten verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören zum Beispiel Passform, Lebensstil und Geschlecht der Anwender, aber auch die Kosten.
Zudem können im Tagesverlauf verschiedene Inkontinenzprodukte sinnvoll sein. Das hat mehrere Gründe:
Inkontinenzepisoden sind selten über den Tag gleichmäßig verteilt. Um den Verlauf einzuschätzen, kann ein Miktionsprotokoll sinnvoll sein.
Tagsüber, zum Beispiel in der Arbeit, sind Faktoren wie Geruchssicherheit und Tragekomfort wichtiger als abends zu Hause vor dem Fernseher.
Untertags schaffen es Betroffene mitunter schneller auf die Toilette als nachts. Andere wiederum verlieren nachts nur wenig Urin und brauchen daher tagsüber mehr Schutz, zum Beispiel durch Inkontinenzeinlagen mit größerer Saugkraft.
Ein Produkt allein wird meist nicht allen täglichen Ansprüchen gleichermaßen gerecht. Experten empfehlen daher ein Sortiment aus verschiedenen Inkontinenzartikeln. Bis Betroffene die richtige Inkontinenzmaterialien für ihre individuellen Bedürfnisse entdecken, gilt es Produkte durchzuprobieren. Häufig bieten Hersteller, aber auch Apotheken und Facheinrichtungen auf Anfrage kostenlose Proben an.
Aufsaugende Inkontinenzprodukte: Einlagen, Windeln und Pants
Produkte mit hoher Saugkapazität müssen weniger oft gewechselt werden. Trotzdem sollte man sie besser früher als später austauschen, um Hautreizungen, die durch den Kontakt der Haut mit Urin entstehen, vorzubeugen. Während frischer Harn zudem kaum riecht, entsteht nach einiger Zeit der typische beißende Uringeruch, weil der Harn durch Bakterien zersetzt wird.
Inkontinenzeinlagen
Einlagen (auch Vorlagen genannt) variieren in der Saugkapazität und damit verbunden in Größe und Dicke. Inkontinenzeinlagen für Männer unterscheiden sich von jenen für Frauen: Während Letztere ähnlich gestaltet sind wie Binden für die Menstruation, haben Einlagen für Männer eine löffelartige Grundform.
Falls Einlagen zum Verrutschen neigen, können Fixierhilfen sie stabilisieren. Das können Netzhosen aus Kunststoff oder Baumwolle, aber auch zu den Einlagen gehörende, spezielle Gürtel sein.
Windeln oder Windelhosen
Inkontinenzslips oder Windelhosen werden um den Unterleib gelegt und dann verschlossen. Sie sind bei mittlerer bis schwerer Harninkontinenz geeignet, weil sie eine sehr hohe Auslaufsicherheit bieten. Sie unterscheiden sich je nach Größe, Saugstärke, Form und Handhabung – manche lassen sich mehrfach öffnen und verschließen, andere müssen nach einmaligem Öffnen gewechselt werden, zum Beispiel bei einem Toilettengang. Einige Windelhosen zeigen sogar an, wann sie gewechselt werden müssen, beispielsweise über sich verändernde Farbfelder.
Inkontinenzhosen (Pants)
Inkontinenzhosen gibt es als Einwegunterhosen oder in der mehrfach verwendbaren, waschbaren Variante. Beide Formen werden auch als Pants bezeichnet und lassen sich wie normale Unterwäsche tragen. Viele Betroffene finden sie würdevoller als Windelhosen, außerdem sind sie leichter zu handhaben. Inkontinenzhosen eignen sich allerdings eher bei leichter bis mittlerer Inkontinenz, weil ihre Saugkapazität in der Regel geringer ist. Auch der Preis liegt meist etwas höher als der von Windeln.
Auffangende Inkontinenzprodukte für Männer
Penistaschen: Auch bekannt als Tropfenschutz oder Tropfenfänger, werden sie an der Unterwäsche befestigt. Der Penis wird dann in das Hilfsmittel eingeführt, der Urin somit aufgefangen. Der Tropfenschutz eignet sich für Männer mit leichter bis mittlerer Harninkontinenz.
Kondomurinal: Sie sind spezielle Auffangbeutel für Urin, die sich von Kathetern jedoch stark unterscheiden, weil sie den Harn außerhalb des Körpers aufnehmen. Über einen Auffangbehälter wird Urin gesammelt und in einen Beutel abgeführt, der sich über ein Ventil entleeren lässt. Kondomurinale sind für Männer mit mittlerer bis schwerer Harninkontinenz gedacht, die eine Alternative zu aufsaugenden Produkten und Dauerkathetern suchen. Das Anlegen erfordert etwas Übung.
Katheter ist ableitendes Inkontinenzprodukt
Harnblasenkatheter zählen zu den ableitenden Inkontinenzprodukten, die es sowohl als Einwegartikel als auch dauerhaft angelegte Hilfsmittel gibt. Bei Letzteren besteht jedoch eine leichte Infektionsgefahr, sodass Harnblasenkatheter idealerweise nur zur Blasenentleerung verwendet und dann wieder entfernt werden. Bei Inkontinenz sind sie dann sinnvoll, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Weitere Hilfsmittel bei Inkontinenz wie Auflagen
Inkontinenzauflagen/-unterlagen: Um Bett und Matratze zu schützen, gibt es unterschiedliche Hilfsmittel. Manche saugen Flüssigkeiten auf und sorgen so zusätzlich für ein Trockenheitsgefühl. Andere Auflagen saugen die Feuchtigkeit nicht auf, sondern halten sie lediglich vom Bett – aber nicht vom Schlafenden – fern. Sie sind daher nicht für den dauerhaften Einsatz zu empfehlen. Aufsaugende Unterlagen sorgen für Trockenheit und beugen Hautreizungen vor. Mehrschichtige Unterlagen eignen sich auch bei schwerer Inkontinenz und haben eine Saugkapazität von bis zu drei Litern.
Inkontinenz-Badebekleidung: Einlagen können sich schnell durch den Badeanzug oder die Badehose abzeichnen. Daher gibt es spezielle Bademode, die den Austritt von Harn durch einen wasserundurchlässigen Sicherheitsslip verhindert. Das vermittelt den Betroffenen Sicherheit und ist zudem hygienischer, weil kein Harn ins Schwimmbecken abgeht. Diese Art der Badebekleidung ist zusätzlich mit Inkontinenzeinlagen kombinierbar.
Inkontinenzprodukte für Pflegebedürftige
Bei der Pflege von Menschen mit Harninkontinenz eignen sich andere Hilfsmittel als Einlagen (Vorlagen) und Pants oft besser. Für Männer gibt es das Kondomurinal als Alternative. Das System muss täglich gewechselt werden, schont allerdings die Haut – denn der oft konzentrierte Urin kommt nicht mit Gesäß und Hoden in Berührung. Auch dringt noch weniger Geruch nach draußen als bei Einlagen. Um Geruchsentwicklungen zu vermeiden, empfiehlt sich ein mit Frottee beschichteter Matratzenschoner sowie eine mit Kunststoff beschichtete Fließunterlage für Polstermöbel. Nur in Ausnahmesituationen raten Experten zu einem Dauerkatheter.
Durch feuchtes Milieu entstehen leicht Druckgeschwüre
Zur Pflege von inkontinenten Angehörigen gehört allerdings mehr als die Wahl der richtigen Hygieneprodukte: Auch die Haut braucht besondere Aufmerksamkeit. Sie verliert im Alter an Elastizität und wird somit empfindlicher. Kommen auch noch feuchte Wärme und die ätzenden Eigenschaften des konzentrierten Urins hinzu, entsteht leicht ein Druckgeschwür (Dekubitus). Zur Vorbeugung empfiehlt sich:
Einlagen häufig wechseln – tagsüber mindestens alle vier Stunden
die Haut bei jedem Vorlage-Wechsel mit einer milden Seife waschen und fetten
kleine Rötungen sanft massieren
Bettlägerige alle zwei bis vier Stunden in eine andere Liegeposition bringen, so dass nicht immer dieselben Körperstellen dem Druck ausgesetzt sind
Welche Kosten übernehmen Krankenkassen
Viele Hilfsmittel bei Inkontinenz sind nicht billig, Einweg-Produkte meist am günstigsten. Trotzdem können sich Mehrweg-Artikel und qualitativ hochwertige Produkte auf Dauer lohnen.
Auch gesetzliche Krankenkassen erstatten unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Inkontinenzprodukte. Ob Betroffene zu Hause oder in einem Alten- oder Pflegeheim leben, ist dafür nicht ausschlaggebend. Der*Die Arzt*Ärztin muss dazu ein rosafarbenes Kassenrezept ausgestellt haben, auf der Diagnose, Gültigkeitszeitraum, Art der Inkontinenzprodukte sowie monatlicher Bedarf vermerkt sind.
Ein Rezept bekommt man in der Regel, wenn die Inkontinenz
- mindestens mittleren Schweregrad hat,
- Folge einer Grunderkrankung wie Schlaganfall oder Diabetes oder
- Folge einer Operation ist.
Hilfsmittel müssen von der Krankenkasse in medizinisch erforderlicher Menge und Qualität zur Verfügung gestellt werden. Die gesetzliche Zuzahlung von zehn Prozent und höchstens zehn Euro für den gesamten Monatsbedarf dürfen laut Sozialgesetzbuch nicht überschritten werden.
Mehrkosten für Qualität und Menge von Inkontinenzeinlagen unzulässig
Trotzdem verlangen die Lieferanten, mit denen Krankenkassen Verträge abgeschlossen haben, von Patienten mit hohem Bedarf oft unzulässige Mehrkosten. Der Versicherte soll eine Einwilligung für die Aufzahlungen, die als spezielle Leistungen ausgegeben werden, unterschreiben. Lassen Sie sich hierzu nicht überreden!
Zum Beispiel teilen Krankenkasse und/oder Lieferant dem Patienten mitunter mit, dass er einen Anspruch auf höchstens 150 Einlagen pro Monat hat und für einen höheren Bedarf Mehrkosten anfallen. Das ist nicht richtig: Wenn der Mehrbedarf medizinisch begründet ist, sind Aufzahlungen nicht gerechtfertigt. Bei der Kasse sollte in solchen Fällen Widerspruch eingelegt werden.
Weiterer Nachteil von der Krankenkasse bezahlter Inkontinenzartikel ist eine oft eingeschränkte Auswahl. Es werden nur die Produkte eines bestimmten Herstellers, mit dem die Kasse einen Vertrag hat, erstattet – auch wenn die Produkte eines anderen Herstellers qualitativ hochwertiger oder individuell besser geeignet wären. Trotzdem müssen die erstatteten Hilfsmittel ihre Funktion erfüllen! Sonst darf der Patient auch auf andere Hersteller ausweichen, ohne für die Mehrkosten aufkommen zu müssen. Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hervor (Aktenzeichen: L 1 KR 263/11).
Krankenkassen müssen die Kosten nicht übernehmen, wenn die Hilfsmittel nur aus hygienischen Gründen oder zur Verminderung des Pflegeaufwands benötigt werden. Letzteres fällt in die Zuständigkeit der Pflegekassen.
Um das Ganze etwas zu erleichtern, gibt es das sogenannte Hilfsmittelverzeichnis, in dem die Produkte aufgeführt sind, für welche die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bezahlen. Der GKV-Spitzenverband erstellt die Liste, die auch im Internet zu finden ist. Darin finden sich zum Beispiel Inkontinenzartikel wie saugende Inkontinenzvorlagen, Netzhosen für Inkontinenzvorlagen, saugende Inkontinenzhosen oder auch Urinauffangbeutel. Aber auch Geräte zum Training der Beckenbodenmuskulatur wie Vaginalkonen oder Biofeedbacktrainingsgeräte sind in der Hilfsmittelaufstellung enthalten, ebenso sind Elektrostimulationsgeräte gelistet.