Impotenz und Inkontinenz stehen auf der Rangliste der verheimlichten Krankheiten ganz weit oben. Denn für viele Männer sind sexuelle Probleme noch immer ein großes Tabu-Thema, über das sie nicht sprechen. Auf Platz zwei landen Blasenprobleme, da sich auch hier viele Männer schämen, über eine Harninkontinenz zu sprechen.
Was Blasenschwäche und Erektionsstörungen gemeinsam haben
Eine Blasenschwäche und Erektionsstörungen treten häufig zusammen auf. Männer mit Multipler Sklerose, Morbus Parkinson und Querschnittlähmungen, aber auch mit Diabetes mellitus und Alkoholsucht sind vielfach von beiden Erkrankungen betroffen. "Verantwortlich dafür sind Nervenbündel, die sowohl zur Blase als auch zum Penis gehen", erklärt Daniela Schultz-Lampel, Leiterin des Kontinenz-Zentrums Villingen-Schwennigen.
"Man kann nicht sagen, dass eine Erkrankung zuerst da ist und zu der anderen führt. Vielmehr haben Blasenprobleme und Erektionsstörungen oft die gleiche neuronale Ursache." Die Nervenfasern im Beckenbereich, die Blase und Penis steuern, sind so zahlreich und umfassend miteinander verwoben, dass Mediziner bislang nicht bestimmen können, wo genau in diesem Geflecht eine Inkontinenz oder Potenzstörung ihren Ursprung hat und welche Übertragungswege gestört werden.
Erektionsstörungen durch vergrößerte Prostata
Auch eine Prostatavergrößerung kann sowohl zu Blasenproblemen als auch zu Erektionsstörungen führen. Zu den typischen Folgen einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, kurz: BPH) zählen Probleme beim Wasserlassen und Inkontinenz. Beide, gutartige Prostatavergrößerungen und Potenzprobleme, treten vermehrt bei Männern ab Mitte 50 auf. Mehrere Studien haben einen Zusammenhang zwischen Blasenproblemen durch eine BPH und sexuellen Störungen festgestellt.
Eine der größten Untersuchungen mit fast 13.000 Männern aus den USA und sechs europäischen Ländern kommt zu dem Schluss, dass eine BPH oft mit Erektionsstörungen, einem verminderten Samenerguss (Ejakulation) oder einer schmerzhaften Ejakulation einhergeht. Es zeigte sich: Je stärker die Harnwegsbeschwerden sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Betroffene auch unter Erektionsstörungen leidet. Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herzkrankheiten spielen dabei keine Rolle, betonten die Forscher. Wie Blasenprobleme durch eine vergrößerte Prostata und sexuelle Funktionsstörungen zusammenhängen, ist bisher ungeklärt.
Erst die Inkontinenz, dann Erektionsstörungen
Ein weiterer, immer wieder unterschätzter Zusammenhang zwischen Inkontinenz und Impotenz ist psychologischer Natur. Wenn es einen Mann beschämt, dass er Urin verliert, kann das zu Erektionsproblemen führen. Aus Angst, von der Partnerin oder dem Partner abgelehnt zu werden, büßt mancher die Lust auf ein Liebesleben ganz ein. Außerdem: Wie kann ein Mann Sex entspannt genießen, wenn er befürchtet beim Verkehr einzunässen? Viele Männer beschämt zusätzlich, dass Inkontinenz als Frauenleiden gilt. Es könnte ihren Druck lindern, wenn sie wüssten, dass viele Geschlechtsgenossen ihre Krankheit teilen. Im Alter werden Männer sogar fast genauso oft inkontinent wie Frauen. Blasenschwäche ist jedoch kein Schicksal, sondern gut zu behandeln.